Brief von Pater Alfons zum Jahresende 2018

                                                                                                 Kinshasa / Limete, le 29 / 12 / 2018

 

.... Zunächst einmal meine beste Wünsche zu Weihnachten und zum Neuen Jahr. Dass es an Weihnachten immer etwas chaotisch ausschaut, ist eigentlich für mich schon eine Normalität - auch diesmal war es so, nur so wie früher hoch drei. Die Landes-Politik lief sozusagen AMOK und besetzte überall die Prime-Time: Medien, Gespräche, Begegnungen, bei Tisch, unterwegs, beim Sport - selbst in den Kirchen und Kapellen kam immer wieder mehr oder weniger direkt oder indirekt die Politik zum Vorschein. Vor zwei Jahren fielen die fälligen Wahlen aus, weil die Politiker nichts vorbereitet hatten. Katholische Kirchenmänner setzten sich ein, um ein Aufbäumen der Bevölkerung zu verhindern. Es wurde ein Jahr Frist ausgehandelt - und die Politiker stellten sich dumm. Vor einem Jahr war es wieder wie im Jahr davor - nur diesmal beschlossen zunächst die Katholiken, dann auch die Protestanten, die Kimbanguisten und schließlich auch die Moslems, am Sonntag nach dem Gottesdienst "bewaffnet" mit Rosenkränzen, Heiligenbildern, Kreuzen, Gebetbüchern und sonstigen gesegneten Gegenständen außerhalb der Kirchen, in den Straßen zu demonstrieren, um einen Wahltermin aufs Tapet zu bringen. Dreimal fanden diese "Demonstrations-Prozessionen" statt und jedes Mal hat die Polizei / Militär scharf geschossen - Ergebnis: mehrere Dutzend Tote im ganzen Land. Das hat scheinbar gewirkt und der Präsident, der Senat und die Abgeordneten begannen sich zu bewegen. Vom Ausland wurde Hilfe angeboten, die aber abgelehnt wurde mit der Begründung: wir können das alles selber machen. Dann kam man auf die Idee, in Süd-Korea Wahl-Computer zu kaufen - ein gewagtes Unternehmen, wenn man bedenkt, dass nur in den Städten bedingt eine Stromversorgung zur Verfügung steht. Ablenkungs-Manöver oder Hilfe zum besseren Wählen?!?! Da die Opposition vielköpfig war, versammelten sich die "Gernegroß" in Genf und unterzeichneten ein gemeinsames Papier: alle von Bedeutung wollten unter ein und denselben Hut. Schon am Tag danach zogen dann zwei von den Matadoren ihre Unterschrift zurück, obwohl sie außer der Unterschrift noch jede Menge anderer Verpflichtungen unterzeichnet hatten. Ende November fing dann der Wahlkampf an: Die Gladiatoren stiegen in die Arena hinab - nur unter Bedingungen, die ein Hohn auf jede demokratische Ordnung darstellen: der Kandidat der aktuellen Regierung bediente sich schamlos des ganzen Staatsapparates, um für sich Reklame zu machen: Polizei, Militär, Fahr- und Flugzeuge, Beamte und Staats-Angestellte, die gesamte Staats-Infrastruktur stand ihm zur Verfügung - nur die Leute pfiffen ihn aus, obwohl er T-Shirts, Dauerschreiber usw und sogar Geld verteilte. Überraschend und zum Erstaunen aller Kongolesen tauchte ein Neuling auf, den vorher kaum jemand gekannt hatte und der sich als überzeugter und überzeugender Demokrat entpuppte. Überall hatte er einen unerwartet hohen Zulauf - mit der Folge dass die Regierung nun boykottierte, wo sie nur konnte: endlos verzögerte Erlaubnis-Prozeduren für alle möglichen und unmöglichen Tätigkeiten wie z.B. Flug- und Lande-Erlaubnisse, Wahlpropaganda und Redefreiheit in den Medien usw. Gegen die Masse von Anhängern, die den Neuen begeistert empfingen, ging die Polizei mit Tränengas und Farb-Wasser-Werfern (aus Deutschland eingeführt) vor. Als dann der 23. Dezember nahte, gab der Wahl-Ober-Organisator den Termin zu einer Pressekonferenz an und teilte mit, dass man nicht wählen könne, weil man mit den Vorbereitungen nicht soweit wäre. Wir können also in Ruhe Weihnachten feiern und sind einmal gespannt, was am kommenden Sonntag (30.12.2018), dem neuen Wahltermin los sein wird. So richtig glaubt aber niemand daran, dass die Wahl stattfindet oder mit rechten Dingen durchgeführt werden kann. Qui vivra, verra - wer solange lebt, wird es mitbekommen.

Für mich persönlich war das vergangene Jahr eine schöne Zeit mit vielen High-Lights: ich hätte mir als junger Mensch nie vorstellen können, dass man mit 80 Jahren noch so viel tun und erleben kann. Gefeiert wurde im kleinen Familien- und Freundes-Kreis und dann auf Wunsch der Pfarrei, noch einmal in der Kirche Sankt Wendalinus und im Pfarrheim. Von wegen tote Hose: da war Leben drin, in der Kirche und im Saal. Aus meiner "Jubiläums-Predigt": auch mit 80 gibt es noch nichts Endgültiges im Leben. Ein ganz herzliches Danke-schön allen, die mitgemacht haben - Pastor Altmeier mit dem gesamten Pfarr-Team, Andreas Neumann und den von Auswärts Dazu-Gekommenen, den normalen Kirchgängern, vor allem dem Kirchenchor und so fort. Acht Tage später, bei dem normalen 1938iger Jahrgangs-Teffen war der Zulauf eher mäßig aber doch herzlich. Im bayerischen Ableger unserer Familie hatte ich das Glück, bei einer urigen bayerischen Hochzeit mitfeiern zu dürfen - unbedingt empfehlendswert! Da meine beiden Brüder noch leben, nützte ich die Gelegenheit, bei beiden eine schöne Zeit zu verbringen. Kaum zurück im Kongo konnte ich einer Einladung des KAS (katholisches Auslands-Sekretariat) nach Süd-Afrika folgen, wo wir Betreuer der deutsch sprechenden Gemeinden in Afrika über unsere Arbeit similierten. Sehr beeindruckend: Cape Town und natürlich vor allem das Kap der Guten Hoffnung - ich war nicht der erste aber sicherlich auch nicht der letzte Afrika-Missionar, der sich dort hat sehen lassen. In den Ngayime-Studios in Kinshasa ist die Arbeit weiter gegangen, neue Sänger und Sängerinnen haben sich entschlossen, mit zu machen. In der jetzigen Advents- und Weihnachts-Zeit liefen Proben und Aufnahmen um die Wette auf Hochtouren. Nicht nur im Kongo, auch im Ausland wächst die Schar unserer Fans. Die neue Generation macht nicht nur mit, sie bringt sich auch mit ein. Probleme gibt es leider immer noch mit der Finanzierung, die größtenteils noch aus dem Ausland bestritten werden muss. Meine Wohltäter und Sponsoren sind inzwischen schon fast alle tot und die Umkrempelung der Pfarreien in der Diözese Trier war nicht vorteilhaft für Missionare aus dem Ausland, wie mich. Trotzdem haben wir die Kropf-Operation unserer Mitarbeiterin Laetitia mit Spenden-Geld finanzieren können.

So das wäre es für heute - um alles zu berichten, bräuchte ich mehr Zeit und mehr Giga-Bites im Arbeits-Speicher des Computers. Mit großem Vertrauen blicken wir in die Zukunft, für die vor allem die anstehenden Wahlen von großer Wichtigkeit sind. Viel Glück und viel Segen wünschen wir uns und Euch allen im kommenden Jahr. Vielleicht taucht dann auch bald mein Nachfolger auf, der eigentlich schon hier sein sollte. Jetzt gerade komme ich von einem Mitbrüder-Treffen, bei dem ich neben einem jugendlichen Freund saß, der vor Kurzem vom Studium aus den USA zurück gekommen ist mit einer akademischen Arbeit über Altern, Demenz und Alzheimer. Da er mich recht gut kennt, meinte er: Alfons, das beste Mittel gegen diese Volkskrankheit ist: bleib beschäftigt aber bitte mit Entschleunigung. Meine Antwort: ich brauche mich nicht groß mit viel Anstrengung zum Entschleunigen aufzuraffen - das geht von selbst, mit 80 Jahren werde ich entschleunigt von allem rund um mich herum.

Uns allen viel Freude und stabile Gesundheit im kommenden Jahr unter dem Schutz und dem Schirm der Gottesmutter - Alfons und die Bana Ngayime

 

 

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